
Aus ehemaliger Industriebrache entsteht das „Gewerbegebiet Hoechst“
Das „Gewerbegebiet Hoechst“ soll auf der ehemaligen Industriebrache an der Waldstraße im Wehringer Ortsteil „Auwald“ entstehen. Schon lange besteht ein rechtsverbindlicher Bebauungsplan für das Gebiet. Der in der Grafik rot markierte Bereich zeigt die Lage des künftigen Gewerbegebiets Hoechst. Die gesamte verbleibende Waldfläche in dem Bereich umfasst rund 34 Hektar.
Der Ortsteil Auwald
Der Ortsteil Wehringens, der 105 Einwohner zählt und in dem seit Jahrzehnten diverse Gewerbebetriebe ansässig sind, heißt „Auwald“. Aber: das Gebiet, auf dem die neue Gewerbefläche liegt, ist kein Auwald, sondern eine ehemalige Industriebrache. „Nicht jeder, der Müller heißt, betreibt eine Mühle. Und nicht jeder, der Schmied heißt, steht am Amboss. Genauso ist es mit Flurbezeichnungen“, sagt Bürgermeister Manfred Nerlinger. „Namen sind Symbole, aber nicht unbedingt die Realität. Vielleicht hilft es, sich das in diesem Fall bewusst zu machen.“
Die Bodenuntersuchung
Demnächst laufen die engmaschigen Bodenuntersuchungen an. Wie in der Sendung FAKT am 31. Mai exemplarisch dargestellt, sind Industriebrachen unter Umständen stark belastet. Auch deshalb verlangen die Behörden (Staatliches Gesundheitsamt, Wasserwirtschaftsamt Donauwörth und Geschäftsbereich Umweltrecht am Landratsamt Augsburg) genaue Untersuchungen. „Bevor wir also weiter planen, wollen wir sichergestellt wissen, dass vom Boden keine Gefahr ausgeht. Die Ergebnisse sollten ursprünglich im Herbst 2022 vorliegen. Nach derzeitigem Kenntnisstand wird sich dieser Zeitplan nicht einhalten lassen und zu einer deutlichen Verzögerung führen.
Die Flächen
Ende 2020 hat die Gemeinde Wehringen das Grundstück von einer Hoechst-Nachfolgegesellschaft erworben. Die Gesamtfläche umfasst ca. 13 Hektar. Der überwiegende Teil davon - 8 Hektar - ist ökologisch wertvoll und mit diversen Biotopen bestückt. Er bleibt als geschlossene ökologische Fläche der Natur erhalten und wird weiterhin nicht öffentlich zugänglich sein. Rund 5 Hektar werden als Gewerbe- sowie Verkehrsflächen ausgewiesen. „Damit sind beide Flächenteile für unsere Gemeinde nützlich. Die eine wird uns die finanziellen Möglichkeiten zur sinnvollen Gemeindeentwicklung bieten. Die andere Fläche wird uns klimatisch auf Dauer nutzen,“ so Nerlinger. Gleichzeitig hat der Gemeinderat beschlossen, das „Gewerbegebiet Hoechst“ auch in Zukunft im jetzigen Umfang beizubehalten: Eine mögliche Erweiterung wurde per Beschluss ausgeschlossen.
Der historische Industriebereich aus dem Zweiten Weltkrieg
Die 5-Hektar Fläche, die jetzt in eine Gewerbefläche umgewandelt werden soll, liegt im Umgriff der im Zweiten Weltkrieg genutzten Industriefläche „Fasan II“. Hier standen auch die Baracken des sogenannten „Wertachlagers“. Ende der 1950er-Jahre wurde damals mit schnell wachsenden Fichten aufgeforstet. Diese Fichten sind aufgrund der Klimaveränderung teilweise sturzgefährdet und führen immer wieder zu unkontrollierten Entwurzelungen. Deshalb auch handelt es sich bei der Fläche um einen für die Bevölkerung grundsätzlich nicht zugänglichen Bereich. Damit ist jenes Gelände, welches für die Bebauung vorgesehen ist, grundsätzlich sanierungsbedürftig: Es ist geplant, die bestehende Fichtenmonokultur zugunsten von klimasicherer Neuanpflanzung an geeigneteren Stellen zu ersetzen. Nachdem sich der Gemeinderat seiner Verantwortung absolut bewusst ist, hat er per Beschluss festgelegt, eineinhalbmal so viel Fläche an Ausgleichsmaßnahmen (siehe gelbe und orange Markierungen in der Grafik) wie rechtlich gefordert umzusetzen.
Wie wird ökologisch aufgewertet
Der ursprüngliche Bebauungsplan sah eine Gewerbefläche von rund 11 Hektar vor. Doch diese Bebauungsfläche ist inzwischen stark reduziert: Gemeinsam mit der Unteren Naturschutzbehörde und der Forstverwaltung hat die Gemeinde bereits 2015 entschieden, 2,1 Hektar an Biotopflächen zu erhalten. Letztlich blieben rund 5 Hektar an Gewerbe- und Verkehrsflächen. In dem Zuge wurden 4,8 Hektar als Ausgleichsflächen festgesetzt. Im Jahr 2021 hat sich der Gemeinderat darüber hinaus freiwillig verpflichtet, weitere 2,4 Hektar an Ausgleichsmaßnahmen umzusetzen. Zum Teil sind diese Ausgleichsflächen am Wehringer Waldrand bereits aufgewertet. Der noch verbleibende Rest befindet sich in der Umsetzungsphase. „Wir haben also schon lange vor irgendwelchen Protesten eine umweltverträgliche Lösung gefunden und auch auf den Weg gebracht“, sagt Bürgermeister Nerlinger. „Wir schaffen mit dieser Lösung rund 7,2 Hektar Klimawald-Gelände.“ Eine Zufahrt zum Gewerbegebiet ist von der Wehringer Waldstraße aus vorgesehen. Die vorhandene Vegetation im Norden Richtung Bobingen-Siedlung bleibt ebenfalls als grüne Pufferzone auf einer Tiefe von ca. 60 Metern bestehen. In dem fast vierjährigen Bebauungsplanverfahren konnte sich jeder Bürger, jede öffentliche Stelle zu Wort melden. Sämtliche Anregungen, Bedenken und Ideen wurden in die Planung einbezogen. So entstand der jetzt gültige Bebauungsplan.
Große Nachfrage führt zu strengen Auswahlkriterien
Die Nachfrage nach Gewerbeflächen im „Gewerbegebiet Hoechst“ ist hoch. Viermal mehr Anfragen liegen vor, als Platz zur Verfügung steht. Das sieht der Gemeinderat positiv, „denn wir legen gerade einen Kriterienkatalog an, nach dem wir bauwillige Unternehmen aussuchen können“, sagt Nerlinger.
Einerseits will die Gemeinde mittelständische Handwerksbetriebe und Dienstleister ansiedeln, die ortsnahe Versorgung möglich machen. Andererseits möchte die Gemeinde Arbeitsplätze vor der Haustüre anbieten. „Aus Gründen des Klimaschutzes ist es nötig, dass die Menschen weniger Fahrsituationen haben: Weite Berufspendelei ist ein Klimakiller. Also ist es wichtig, z.B. mit dem Rad zur Arbeitsstelle kommen zu können.“ Kurze Wege in die Arbeit und kurze Wege zum Kunden – für die Gemeinde ein Thema der Stunde. In dem Zusammenhang spielen auch Themen wie die künftige nachhaltige Energieversorgung sowohl des neuen als auch des Bestands-Gewerbegebietes eine Rolle, sowie beispielsweise eine nachhaltige Bauweise.